Statisch oder dynamisch dehnen, was ist besser für maximale Erfolge im Training und ein möglichst geringes Verletzungsrisiko? Wir erklären’s dir!
Du beugst dich nach vorn, berührst deine Zehen und hältst die Position für einen Augenblick. So beginnen die meisten Sportler ihr Training. Stretchen ist schließlich wichtig, oder? Sportphysiologen sagen nun aber, dass man sich diese Art des Stretchings, das statische Dehnen, eher für das Ende des Work-outs aufheben sollte. Einige US-Sportwissenschaftler raten sogar ausdrücklich davon ab, vor Training oder Wettkampf statisch zu stretchen, weil das die Leistungsfähigkeit erheblich mindern kann.
Verschiedene Studien haben in den letzten Jahren gezeigt, dass statisches Dehnen vor dem Training auf unsere Bänder wirkt, als würde man ein gefrorenes Gummiband auseinander zerren: Es zieht die Fasern auseinander und schwächt sie. Das Resultat ist weniger Kraft, Stabilität und Explosivität, wie anhand von Verbundübungen wie Kniebeugen festgestellt wurde. Auch du solltest statische Dehnübungen vor dem Training deshalb lieber lassen.
Zumindest wenn du sie in der Form ausführst, die du bisher gewohnt bist. In einer weiteren Studie wurde nämlich herausgefunden, dass es darauf ankommt, wie lange man dehnt. Wer die Dehnung weniger als 30 Sekunden lang hält, muss laut Forschern keine negativen Effekte befürchten. Die treten erst bei Dehnungsphasen ab einer Minute ein.
Wir wollen aber nicht nur „keine negativen Effekte“, wir wollen positive Effekte! Solltest du das Stretching vor dem Training also ganz weglassen? Nein, aber du solltest von statischem auf dynamisches Dehnen umsteigen!
Dynamisches Dehnen
Dynamisches Dehnen, also Ausfallschritte, Frontkicks, Hüftrotation oder Anfersen erhöhen deine Leistungsfähigkeit im Training, so die Wissenschaftler. Dynamische Bewegungen bereiten den Körper besser auf sportliche Aktivität vor, weil sie die Körpertemperatur und Flexibilität der Gelenke erhöhen und die Muskulatur elastischer machen. Dadurch steigerst du Schnelligkeit und Agilität, und senkst das Risiko von Verletzungen. Es empfiehlt sich daher, vor allem die Muskeln zu dehnen, die du im Training planst zu beanspruchen, z. B. die Beine vor dem Beintraining.
Und: Aufwärmen vor dem Dehnen ist wichtig! Eine zehnminütige Cardio-Einheit empfiehlt sich vor jedem dynamischen Stretching. Auch das lockert die Muskulatur und erhöht die Leistungsfähigkeit.
Am Ende des Work-outs darfst du dann statisch dehnen. Das hilft deinem Körper, herunterzufahren, die Muskelspannung abzubauen und zu relaxen. Halte jede Dehnung für etwa 30 Sekunden, insgesamt sollte das abschließende Stretching etwa zehn Minuten beanspruchen.
Übungen für dynamisches Stretching
Ausfallschritte
Mach einen weiten Schritt nach vorn und beuge das vordere Knie so tief, dass in der Kniebeuge mindestens ein Winkel von 45 Grad entsteht. Deine Zehenspitzen zeigen dabei nach vorn. Federe kurz nach und setz den Fuß wieder zurück. Wiederhole den Vorgang mit dem anderen Bein. Der Oberkörper bleibt währenddessen gerade, das Becken nach vorn durchgestreckt. Mit Ausfallschritten dehnst du vor allem die Hüftbeuge- und Oberschenkelmuskulatur.
Beinpendel
Du stehst im hüftbreiten Stand und stützt deine Arme auf der Hüfte ab. Verlagere deinen Schwerpunkt auf ein Bein, so dass du das andere Bein vor dem Körper nach unten gestreckt sanft hin und her pendeln lassen kannst. Versuch, die Bewegung über den kompletten Bewegungsradius auszuführen, das Bein also so weit wie möglich in beide Richtungen zu schwingen. Dein Oberkörper bleibt dabei gerade. Nach mehreren Schwüngen wechselst du das Bein. Mit dem Beinpendel dehnst du die Adduktoren und Abduktoren und trainierst deine Balance.
Dehnung der Oberschenkel-Rückseite
Setz dich mit nach vorn ausgestreckten Beinen auf den Boden. Deine Beine liegen eng beisammen, deine Zehenspitzen sind nach vorn gestreckt. Beuge nun deinen Oberkörper nach vorn und versuche, deine Zehen mit den Fingern zu berühren. Wippe dabei sanft vor und zurück.
Armkreisen
Stell dich im hüftbreiten Stand auf und beginne langsam, deine Arme über das Schultergelenk kreisen zu lassen. Dabei kannst du beide Arme nacheinander dehnen oder gleichzeitig. Wichtig ist, dass deine Arme bei der kreisenden Bewegung locker bleiben und du möglichst große Kreise beschreibst. Dein Oberkörper und Nacken bleiben dabei unbewegt und gerade. Wer ein paar vorwärts kreisende Bewegungen absolviert hat, kann beide Arme rückwärts kreisen oder gleichzeitig in entgegengesetzte Richtungen kreisen lassen, um das Koordinationsgefühl zu verbessern. Armkreisen dehnt die Schultern und einen Teil von Brust und Latissimus.
Brustwippe
Stell dich aufrecht, im hüftbreiten Stand auf und strecke beide Arme zu den Seiten aus, so dass sie eine gedachte waagerechte Linie durch deinen Körper bilden. Wippe nun vorsichtig mit beiden Armen nach hinten und federe zurück nach vorn. Deine Handflächen zeigen dabei nach oben. Nicht wundern, der Bewegungsumfang ist gering. Die Brustwippe dehnt die Brustmuskulatur und die vordere Schulter.
Hüftrotation
Im hüftbreiten Stand spreizt du deine Arme ein wenig seitlich vom Körper ab und drehst deinen gesamten Rumpf so weit es geht in eine Richtung ein. Die Arme unterstützen dich bei der Bewegung, dein Kopf folgt deinem Rumpf, so dass du stets in die Richtung blickst, in die du dich bewegst. Anschließend rotierst du in die gegenüberliegende Richtung. Um deine Knie dabei nicht zu stark zu belasten, hebst du bei jeder Drehung stets die Ferse des gegenüberliegenden Beines ein wenig an und drehst das Knie in Richtung der Rotation ein. Mit der Hüftrotation dehnst du den gesamten Rumpf, insbesondere die seitliche Bauchmuskulatur.
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