Wer allein trainiert, kann nicht bis an seine Grenzen gehen? Mit diesem Irrglauben räumen wir nun auf und präsentieren dir sechs Intensitätstechniken, mit denen du auch solo deine Grenzen durchbrechen kannst – ohne Angst vor Verletzungen!
Wer seine Muskeln zum Wachsen bringen will, muss so schwer und intensiv wie möglich trainieren. Dass du allein, ohne Trainingspartner trainierst, gilt da nicht als Ausrede! Auch ohne ein zusätzliches Paar wachsamer Augen und helfender Hände kannst du im Fitness-Studio bis an deine Grenzen und darüber hinaus gehen – mit unseren sechs Intensitätstechniken für das Training allein.
Technik 1: Einseitige erzwungene Wiederholungen
Erzwungene Wiederholungen sind eigentlich der Klassiker für das Training mit einem Partner. Wenn nichts mehr geht, hilft dein Kumpel ein wenig nach – allerdings immer nur so viel wie nötig ist, um noch ein oder zwei Wiederholungen herauszuholen. Das Prinzip funktioniert allerdings auch ohne Partner, und zwar indem du einseitige Bewegungen mit Kurzhanteln, am Kabel oder einer Maschine nutzt.
Ein Beispiel: Du führst einarmige Konzentrationscurls aus und erreichst im letzten Satz die Grenze zum Muskelversagen. Durchbrich die Grenze, indem du mit deinem freien Arm einfach ein wenig mit anpackst! Das Ganze funktioniert natürlich auch bei Beinübungen, wie Beinstrecken oder Beincurls, und Schulterübungen wie Schulterdrücken oder Seitheben.
Studien haben gezeigt, dass erzwungene Wiederholungen den Ausstoß von Wachstumshormon bis um das dreifache erhöhen, verglichen mit normalen Sätzen, die bei Muskelversagen enden. Eine weitere Studie belegte, dass Sportler, die mit erzwungenen Wiederholungen trainiert haben, mehr und schneller Fett verbrennen konnten.
Beispiel-Übung: Scott-Curls
Du kannst einarmige Scott-Curls mit der Kurzhantel oder am Kabel ausführen. Absolviere drei Sätze á 8 – 10 Wiederholungen, mit je 1 – 2 Minuten Pause. Beim letzten Satz erzwingst du nach dem Muskelversagen mit deinem freien Arm noch 2 – 3 weitere Wiederholungen.
Technik 2: Einseitige Negativ-Wiederholungen
Auch Negativ-Wiederholungen sind eigentlich eine der Standard-Techniken für das Training mit einem Partner. Das Prinzip ist, dass du ausschließlich den negativen Teil einer Wiederholung, also z. B. die Abwärtsbewegung beim Bankdrücken, mit eigener Kraft ausführst – den aber mit einem deutlich höheren Gewicht als du sonst schaffe würdest. Damit das funktioniert, ist natürlich ein Partner nötig, der den positiven Teil der Bewegung für dich übernimmt, die Hantel beim Bankdrücken also wieder nach oben hievt. Mit einseitigen Übungen kannst du Negativ-Wiederholungen aber auch ohne Partner für dich nutzen.
Und so funktioniert’s: Du bewältigst den positiven Teil einer Bewegung einfach mit beiden Armen oder Beinen und lässt das Gewicht anschließend langsam und kontrolliert mit einer Arm oder Bein nach unten. Mit Hanteln wird das schwierig, aber an Maschinen funktioniert das hervorragend! Nehmen wir z. B. die Bankdrückmaschine für die Brust. Probier zunächst aus, wie viel Gewicht du mit einem Arm drücken kannst und schlag noch einmal 20 Prozent drauf. Das ist dein Trainingsgewicht. Ergreife nun einen der Griffe mit beiden Händen und drück das Gewicht nach oben, herunter lässt du es anschließend mit einer Hand.
Einseitige Negativ-Wiederholungen funktionieren z. B. auch Prima an verschiedenen Bein-Maschinen. Die Ausschüttung von Wachstumshormon wird bei Negativ-Wiederholungen dramatisch gesteigert, wie Untersuchungen ergeben haben.
Beispielübung: Bankdrücken an der Maschine
Führe drei Sätze Bankdrücken an der Maschine á 5 – 8 Negativ-Wiederholungen pro Seite mit 2 – 3 Minuten Pause aus.
Technik 3: Abwechselnde Pausen-Sätze
Pausen-Sätze ermöglichen es dir, mit einem bestimmten Gewicht mehr Wiederholungen als sonst zu bewältigen, indem du nach erreichen des Muskelversagens eine kurze, 10 – 20-sekündige Pause einlegst und anschließend bis zum erneuten Versagen weitertrainierst. Im Gegensatz zu Dropsätzen wird das Gewicht dabei nicht reduziert. Wer statt Muskeln Kraft aufbauen will, wählt von Beginn an ein höheres Gewicht und pausiert nach jeder einzelnen Wiederholung etwa 15 Sekunden.
Zwar kannst du beide Varianten der Pausen-Sätze auch ohne Trainingspartner ausführen, gerade bei schweren Kniebeugen oder Bankdrücken kann das aber durchaus gefährlich werden. Sicherer – und genauso effektiv – sind da abwechselnde Pausen-Sätze. Dabei ruht eine Seite deines Körpers während die andere arbeitet, nach jeder Wiederholung wird gewechselt.
Beispielübung: Schulterdrücken mit der Kurzhantel
Führe drei Sätze Schulterdrücken mit der Kurzhantel á 8 – 12 Wiederholungen und 1 – 2 Minuten Pause aus. Absolviere eine Wiederholung mit dem rechten Arm, anschließend eine mit dem linken, usw. Da einer von beiden Armen immer Zeit zum Ruhen hat, wirst du auf diese Art deutlich mehr Wiederholungen schaffen, als bei durchgehendem, simultanem Kurzhantel-Schulterdrücken.
Abwechselnde Pausen-Sätze können auch bei anderen Übungen, z. B. bei Bankdrücken oder Rudern an der Maschine eingesetzt werden. Der Klassiker, den sicher jeder schon einmal ausprobiert hat, sind abwechselnde Kurzhantel-Curls für den Bizeps.
Technik 4: Teilwiederholungen & Abfälschen
Wir raten dir immer, alle Wiederholungen stets sauber und über den gesamten Bewegungsradius auszuführen. Teilwiederholungen und Abfälschen können aber am Ende eines Satzes, wo nichts mehr geht, probate Mittel zur Intensitätssteigerung sein. Die Betonung liegt hier aber ganz klar auf: am Ende des Satzes, wenn wirklich nichts mehr geht! Indem du nur eine halbe Bewegung ausführst oder ein wenig kontrolliert abfälscht, kannst du über die Grenze des Muskelversagens hinaus trainieren und neue Wachstumsreize setzen. Wichtig ist dabei jedoch: Sicherheit geht immer vor! Abfälschen bedeutet nicht, eine Bewegung unkontrolliert oder mit Schwung auszuführen, denn damit steigerst du nicht die Intensität, sondern das Verletzungsrisiko. Diese Technik eignet sich daher nur für erfahrene Sportler.
Beispielübung: Trizepsdrücken am Kabel
Führe drei Sätze Trizepsdrücken am Kabel á 8- 10 Wiederholungen mit 1 – 2 Minuten Pause aus. Sobald du am Ende deines Satzes keine korrekte Wiederholung mehr zustande bekommst, löse deine Ellenbogen von den Seiten deines Körpers und drück das Gewicht so mit ein wenig Unterstützung deiner Brust und Schultern nach unten. Genügt auch das nicht, häng noch eine oder zwei halbe Wiederholungen an.
Wichtige Anmerkung: Teilwiederholungen und Abfälschen eignen sich nicht für schwere Verbundübungen wie Bankdrücken oder Kniebeugen, zumindest dann nicht, wenn du allein trainierst!
Technik 5: Vor- und Nachermüdung
Die Technik der Vorermüdung folgt folgendem Prinzip: Vor einer schweren Verbundübung absolvierst du eine leichtere Isolationsübung, um den Muskel vorzuerschöpfen. Was das bringt? Ganz einfach: Oftmals erreichst du bei Verbundübungen das Muskelversagen schon, bevor der eigentliche Zielmuskel tatsächlich erschöpft ist. Z. B. beim Bankdrücken: Deine vorderen Schultern und dein Trizeps sind neben dem Brustmuskel ebenfalls an der Übung beteiligt, aber viel früher erschöpft, weil sie kleinere Muskelgruppen sind. Du wirst daher irgendwann keine Wiederholung mehr schaffen, weil deine Arme am Limit sind, obwohl deine Brust durchaus noch Power hätte. Indem du deine Brust mit einer Isolationsübung vorerschöpfst, kannst du diesen Effekt vermeiden.
Das Problem: Wenn du allein trainierst, kann diese Technik sehr gefährlich sein, die Langhantel könnte dich beim Bankdrücken z. B. erschlagen, vor allem wenn du die Übung bereits erschöpft angehst. Eine sichere Variante ist die sogenannte Vor- und Nachermüdung. Sie folgt dem gleichen Prinzip wie die Vorermüdung, nur dass du nach der Verbundübung noch eine weitere Isolationsübung anhängst. Du trainierst so mit einem Gewicht, das sicherstellt, dass du deine Verbundübung auch bis zum Ende durchziehen kannst und gibst deiner Muskulatur dann anschließend des Rest.
Vor- und Nachermüdung eignet sich vor allem für Brust– und Rückentraining, weil die an den entsprechenden Verbundübungen beteiligten Armmuskeln Bizeps und Trizeps in der Regel deutlich früher erschöpft sind, als die eigentliche Zielmuskulatur. Wer Vor- und Nachermüdung für sein Beintraining nutzen möchte, sollte für den Verbundteil Übungen an der Maschine wählen, weil vorerschöpfte Beine bei freien Gewichten oft zu unsauberer Ausführung neigen.
Beispielübung: Seitheben und Schulterdrücken
Vor- und Nachermüdung eignet sich auch für die Schulter: Führe einen Satz Seitheben mit 10 – 12 Wiederholungen aus. Darauf folgt ein Satz Schulterdrücken mit 8 – 10 Wiederholungen. Du beendest den Durchgang mit einem weiteren Satz Seitheben bis zum Muskelversagen. Zwischen den Sätzen darfst du jeweils 1 – 2 Minuten pausieren, du absolvierst drei Durchgänge.
Technik 6: Dropsätze
Dropsätze funktionieren folgendermaßen: Sobald deine Muskeln ihren Dienst versagen, verringerst du einfach das Trainingsgewicht um etwa 30 Prozent und machst weiter, bis du erneut keine Wiederholung mehr bewältigen kannst. Dropsätze sind eine der einfachsten und daher auch beliebtesten Methoden, um die über die Grenze des Muskelversagens hinaus zu trainieren und das Muskelwachstum zu stimulieren.
Für das Training allein eigenen sich Dropsätze an Maschinen oder Kabelzugtürmen am besten. Ersten sind Übungen an Maschinen sicherer, zweitens können dort die zur Verringerung des Gewichts nötigen Pausen so gering wie möglich gehalten werden. Meist genügt es, nur einen Pin im Gewichtsschlitten umzustecken. Wer auf freie Gewichte nicht verzichten möchte, dem empfehlen wir Kurzhanteln. Die kannst du im Notfall einfach fallen lassen und auch schnelle Wechsel sind möglich, indem du dir einfach den leichteren Satz Hanteln greifst. Langhantelübungen eignen sich dagegen weniger gut, da die Verletzungsgefahr am Punkt des Muskelversagens und die zur Gewichtsreduktion benötigte Zeit hoch sind. Denn merke: Je mehr Zeit du zum Wechseln des Gewichts benötigst, umso weniger intensiv wird der Dropsatz!
Wir empfehlen einen Dropsatz als letzten Satz jeder Übung. Du kannst die Intensität aber natürlich beliebig steigern, indem du mit zwei oder sogar drei Dropsätzen abschließt. Für Einsteiger dürften zunächst aber einfache Dropsätze genügen.
Beispielübung: Latziehen
Führe zwei Sätze Latziehen zur Brust á 8 – 10 Wiederholungen mit 1 – 2 Minuten Pause aus. Einen weiteren Satz bis zum Muskelversagen, anschließend Gewicht um 30 Prozent verringern und bis zum erneuten Versagen weiter trainieren.
Bildquelle: istockphoto.com / LuckyBusiness